Notfallnummer: 0176 21870876

Jüdische Bestattung

Die jüdische Bestattungsart ist eine der ältesten religiösen Bestattungsformen der Welt überhaupt, die genauso wie die christliche oder muslimische Bestattung eigenen Ritualen und Regeln, basierend auf ihrem Glauben folgt. Juden glauben an die Unsterblichkeit der Seele und der Wiederauferstehung der Toten. Ihrer Ansicht nach steigt die Seele auf zu Gott und lebt dort weiter. Der Glaube an Wiedergeburt oder das Paradies steht dabei nicht im Vordergrund.

Vor über 100 Jahren gab es in Deutschland zahlreiche jüdische Bestattungen, was aber nach dem 2. Weltkrieg nur noch sehr wenig geschieht. Viele jüdische Friedhöfe wurden zerstört oder werden nicht mehr für Bestattungen genutzt. Es gibt aber immer noch eine große Anzahl, die meist von kleinen jüdischen Gemeinden unterhalten werden. Sie dienen heute als Ruheoase oder als Gedenkstätte für die Opfer des 2. Weltkrieges. Der größte jüdische Friedhof mit ca. 42 Hektar in Berlin Weißensee steht heute unter Denkmalschutz. Auf ihm fanden ca. 115.000 Bestattungen statt.

Im Judentum ist die Bestattung nicht nur Aufgabe der Familie. Die Chewra Kadischa, die heilige Beerdigungsbrüderschaft, die der jüdischen Gemeinde angehört, hat die Aufgabe, sich um den Verstorbenen, dessen Familie und seine Bestattung zu kümmern.

Dabei folgt man festen Ritualen. Wenn ein Jude zu Hause stirbt, unterstützt und tröstet die Brüderschaft die Angehörigen. Zentrale Aufgaben von ihr sind das gemeinsame Gebet mit dem Sterbenden, den man nicht berühren darf. Man glaubt, dass dadurch der Sterbeprozess gestört wird. Ist der Tod eingetreten, schließt man dem Verstorbenen die Augen, deckt ihn mit einem weißen Tuch zu und legt ihn auf den Boden. Am Kopf wird eine Kerze angezündet, deren Licht noch auf die im Raum befindliche Seele hinweist.

Heutzutage werden diese Rituale nur noch selten vollzogen, da die meisten in Krankenhäusern sterben. Ein Bestatter überführt den Verstorbenen zum Friedhof. Hier nimmt die Brüderschaft die Tahara – die rituelle Waschung in der Leichenhalle vor. Danach wird der Tote mit einem langen weißen Kleid angekleidet. Männer erhalten oft zusätzlich ihren Tallit, ihren Gebetsschal.

Seit 2000 Jahren gilt im Judentum das Gebot der schlichten Bestattung. Das heißt es wird zwischen Armen und Reichen kein Unterschied gemacht. Im Tode und vor Gott sind alle gleich. Alle werden mit einem weißen Sterbehemd und einem einfachen Holzsarg beigesetzt. Alle Grabsteine sind schlicht und stellt sie erst nach Ablauf eines Jahres auf.

Im Judentum ist nach dem Religionsgesetz eine Feuerbestattung untersagt. Laut der Halacha, der orthodoxen religiösen Vorschrift, wird eine Kremation als Entledigung, als Verfehlen der letzten Ehre und des pietätvollen Abschieds angesehen. Der geliebte Mensch würde entsorgt werden und ihm die Möglichkeit der Wiederauferstehung genommen.

Es gibt die biblisch begründete Vorstellung, dass alle Toten am Tag des jüngsten Gerichts wiederauferstehen. Das geht nur, wenn der Leichnam unversehrt bestattet wird. In Israel werden heute noch die Verstorbenen in Leichentücher gewickelt. In Deutschland ist dies aufgrund des Sargzwanges nicht möglich. Als Alternative sollte man dann einen Sarg bestehend aus möglichst weichen Holz wählen.

Aufgrund des Glaubens, dass der Messias zuerst in Jerusalem erscheinen wird und dort die ersten wieder auferstehen, möchten viele dort beerdigt werden. Juden die nicht dort beerdigt werden, legt man ein Säckchen mit Erde aus Israel unter den Kopf, um alle Sünden zu erlassen.

Nach jüdischen Glauben kann die Seele erst aufsteigen, wenn der Körper bestattet und zur ewigen Ruhe gebettet wurde. Deshalb soll dieser innerhalb von 24h oder spätestens 3 Tage danach beerdigt werden. Die deutschen Bestattungsgesetze lassen dies frühestens nach 48h zu.

Die Bestattung beginnt traditionell mit einer Trauerfeier auf dem Friedhof. Nach dem einleitenden Gesang des Kantors, hält der Rabbiner eine Rede. Danach können auch noch andere Personen sprechen. Ein Nachruf wird oft in der jeweiligen Landessprache verlesen, während Gebete und Psalme auf hebräisch gehalten werden.

Nach der Zeremonie trägt man den Sarg zur vorbereiteten Grabstelle. Beim Gang zum Grab werden gebetet und Psalme vorgetragen. Wenn der Sarg in der Erde versenkt ist, wird die Hesped – die Abschiedsansprache gesprochen.
Jeder der Anwesenden verabschiedet sich mit 3 Schaufeln Erde, die er auf den Sarg wirft. Wenn dieser mit Erde vollständig bedeckt ist, wird das Kaddischgebet – das Totengebet gesprochen.

Traditionell werden Gewänder eingerissen – die K´riah, um den Seelenschmerz durch den Verlust zu symbolisieren. Dieser Brauch geht auf die biblische Geschichte Jakobs zurück, der in der Annahme, dass sein Sohn verstorben sei, sich alle Kleider vom Leib riss. Beim Verlassen legen die Trauergäste kleine Steine aufs Grab. Einen Toten zum Grab zu geleiten, gilt als Mitzwa – als gute Tat. Vor dem Verlassen des Friedhofs wäscht sich jeder die Hände, trocknet diese aber nicht ab, um die Erinnerung zu verlängern.

Der jüdische Friedhof – Beth Hachaim, Ort des Lebens oder Beth Olam, Haus der Ewigkeit genannt – ist ein besonderer Ort. Im Gegensatz zu deutschen Friedhöfen gilt hier die Totenruhe ewig und alle Gräber bleiben bestehen und können nicht neu belegt werden. Sie sind nach Osten in Richtung Jerusalem ausgerichtet. Grabschmuck und Bepflanzung sind unüblich, da man den Toten nicht stören möchte. Gras und Efeu wachsen auf natürliche Weise über die Gräber.

Als stillen Gruß hinterlassen Besucher kleine Steinchen auf der Grabplatte oder auf dem Grabstein. Steinhügel boten in der nomadischen Zeit Schutz vor Tieren und trugen somit zur Erhaltung des Grabes bei. Dies wurde beibehalten: zum Gedenken werden Steine abgelegt, denn Blumen verwelken, Steine bleiben.

Männer – auch nichtjüdischen Glaubens – müssen eine Kopfbedeckung tragen auf dem Friedhof. Beim Verlassen wäscht man sich die Hände, was ein Symbol für die Trennung von Unreinheit und Tod ist. Nähe oder Kontakt zu einem Toten sowie ein Friedhof gelten als unrein.

Es handelt sich im Grunde um eine klassische Erdbestattung, bei der die Leistungen eines Bestatters nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden, sei es die Überführung zum Friedhof oder die Erledigung der Formalitäten.

Die Trauer ist in der jüdischen Bestattung von entscheidender Bedeutung. Rituale sollen den Hinterbliebenen die Zeit der Trauer erleichtern. Die soziale Gemeinschaft und gemeinsame Mahlzeiten helfen zusätzlich. Die Trauerzeit wird in 4 Abschnitte eingeteilt:

1. Aninuit – Zeit zwischen Eintritt des Todes und Beerdigung. Diese ist die intensivste. Deshalb ist die Familie von allen religiösen Pflichten entbunden.

2. Schiwa – erste Woche nach dem Begräbnis. Die Trauernden verlassen das Haus nicht, gehen nicht arbeiten und entsagen Freuden jeglicher Art. Nachbarn, Bekannte übernehmen die Essensversorgung. Gottesdienste finden im Trauerhaus statt. Traditionelle Pflichten sind das Verbot von neuer Kleidung, Rasieren und Haareschneiden.

3. Schloschim – 30 Tage nach der Beerdigung. Man kehrt in den Alltag zurück, aber die Verbote von Musik, freudigen Festen und die der Schiwa werden fortgeführt.

4. Das Trauerjahr: wenn ein Elternteil verstirbt, werden das Schlohim ein Jahr weitergeführt. Wobei man nach 30 Tagen Haareschneiden darf, wenn Außenstehende dies kritisieren.

Nach dieser Zeit wird traditionell am Todestag ein Fest zu Ehren des Verstorbenen gehalten, bei dem sich die ganze Familie versammelt und auch das Grab besucht. Nach der Trauerzeit ist eine Zurschaustellung der Trauer nicht mehr erwünscht.